Das Gebäude an der Arcisstraße 12, in dem jetzt die Hochschule für Musik und Theater untergebracht ist, wurde von den Nationalsozialisten 1937 als sogenannter „Führerbau“ errichtet. Hitler hatte hier ein Büro, hielt sich aber überwiegend in der Reichshauptstadt Berlin auf. Ein äußerlich baugleiches Gebäude steht jenseits der Kreuzung in der Katharina-von-Bora-Straße 10. Dort war das Hauptquartier von Hitlers Partei, der NSDAP, untergebracht. Zuvor hatte diese ihren Sitz um die Ecke in der Brienner Straße 34. Am Standort jenes sogenannten „Braunen Hauses“ wurde 2015 in einem modernen Neubau das NS-Dokumentationszentrum als Lern- und Erinnerungsort zur Geschichte des Nationalsozialismus eröffnet.

„Münchner Abkommen“

Im „Führerbau“ tagte 1938 eine internationale Konferenz, deren Ergebnis als „Münchner Abkommen“ bekannt wurde und dramatische Folgen für viele Millionen Menschen hatte. Die Regierungschefs von Großbritannien: Premierminister Neville Chamberlain, Frankreich: Ministerpräsident Édouard Daladier, Italien: der „Duce“ Benito Mussolini und Deutschland: der „Führer“ Adolf Hitler einigten sich darauf, dass Gebiete der Tschechoslowakei, in denen mehrheitlich deutschstämmige Bevölkerung lebte, an das Deutsche Reich abgetreten werden mussten. Für die tschechoslowakische Regierung, die an der Konferenz nicht einmal beteiligt wurde, bedeutete dies ein Diktat und letztlich die Zerschlagung ihres Landes. Dem Druck Hitlers war nachgegeben worden, weil er andernfalls mit Krieg drohte. Er ließ nur ein halbes Jahr später den verbliebenen Teil Tschechiens besetzen und die Slowakei als Vasallenstaat abtrennen. Ein weiteres halbes Jahr später startete er den lange geplanten Zweiten Weltkrieg.

12 Millionen Flüchtlinge

Als Folge des Krieges wurde nach dem Ende der deutschen Besatzung, die für die tschechische Bevölkerung blutigen Terror bedeutet hatte, die deutschstämmige Bevölkerung vertrieben. Sie mussten vom kriegszerstörten Deutschland aufgenommen werden, ebenso wie die Flüchtlinge aus den deutschen Gebieten, die an Polen und die Sowjetunion gingen (wie Schlesien, Pommern, Ostpreußen), und seit Jahrhunderten angestammte deutschstämmige Bevölkerung aus den baltischen Ländern, aus Jugoslawien, Rumänien und Ungarn. Insgesamt fast 12 Millionen Heimatvertriebene und Flüchtlinge bedeuteten in den von Hunger und Wohnungsnot gezeichneten Nachkriegsjahren eine extreme Belastung. Sie stießen bei der Bevölkerung, die von den Besatzungsmächten häufig gezwungen wurde, Flüchtlinge unter beengten Verhältnissen in der eigenen Wohnung unterzubringen, oft auf Ablehnung. Lange Zeit wurden sie als fremd wahrgenommen und stigmatisiert. Trotzdem verlief, über einen langen Zeitraum, ihre Integration schließlich erfolgreich.